Die Anspannung, die in einer solchen Situation bei beiden Personen entsteht, aushalten zu können, ist eine große Kunst – die es sich allerdings zu lernen lohnt. Zwei Personen bedeuten zwei unterschiedliche Meinungen, unterschiedliche Erfahrungen in der Erziehung und früheren Beziehungen. Ein unterschiedliches Erleben ein und derselben Situation. Sich gegenseitig (mal) zu enttäuschen gehört da irgendwie dazu. Es kann die Beziehung aber besser machen, wenn man trotzdem gemeinsam nach vorne sehen kann.
Wenn es um Enttäuschungen geht, gibt es kein „richtig“ oder „falsch“
Schließlich geht es hierbei nicht um mathematische Gleichungen, sondern um (verletzte) Gefühle. Nicht immer haben die etwas mit dem Gegenüber zu tun – es sei denn, du hast schon wieder den Hochzeitstag vergessen. Dann, so möchte ich behaupten, ist die Enttäuschung deines:deiner Partners:Partnerin schon irgendwie berechtigt. Manchmal – und das kennst du bestimmt von dir selbst – fühlt man sich auch nur enttäuscht, ohne dass der:die Andere wirklich etwas getan hat, das dieses Gefühl rechtfertigen könnte. In einem solchen Fall will eine Reaktion wohlüberlegt sein. Sonst wird aus der gefühlten Enttäuschung am Ende doch noch eine echte Enttäuschung.
Die Enttäuschung deines Gegenübers gibt dir ein schlechtes Gefühl – und um der Situation zu entkommen, reagierst du so, dass der Konflikt noch weiter angestachelt wird. Es kommt zu einem Streit, der verhindert werden hätte können.
Wie?
Indem du deine Gefühle unter Kontrolle hältst, auch wenn es dir sehr schwerfällt. Denn auch wenn du keinerlei Kontrolle über die Empfindungen der anderen Person hast – deine eigene Reaktion kannst du kontrollieren. Das heißt nicht, dass du dir die Enttäuschung deines:deiner Partners:Partnerin zu Eigen machen musst. Es bedeutet vielmehr, dem:der Partner:in den Raum zu geben, sich durch seine:ihre Gefühle zu arbeiten, während man selbst die eigenen durchläuft – und erst danach gemeinsam zu erörtern, wo vielleicht etwas schief gelaufen ist (oder auch nicht).
Die zwischenmenschlichen Spannungen, die entstehen, wenn sich eine Person enttäuscht zeigt, sind zwar manchmal schwer auszuhalten, doch den Weg des geringsten Widerstands zu gehen und die Problematik dahinter einfach zu ignorieren oder aber auch komplett nachzugeben, erscheint zwar in vielen Fällen verlockend, tut aber am Ende leider nichts für das Wachstum einer Beziehung.
Enttäuschungen gehören zum Leben dazu
Sie bedeuten weder das Ende der Welt, noch das Ende einer Partnerschaft. Eine gesunde Art und Weise, die Thematik zu adressieren, ist in jedem Fall ein guter Weg. Das beinhaltet nicht nur einen genauen Blick auf deine vermeintlichen Fehler, sondern auch darauf, ob du darauf Einfluss nehmen konntest oder die Dinge außerhalb deiner Kontrolle lagen. Und die Enttäuschung deines:deiner Partners:Partnerin vielleicht in ihm:ihr selbst begründet lagen. Nimm dir Zeit, die Enttäuschung deines Gegenübers zu ergründen, deine Anteile daran zu reflektieren und deine Erkenntnisse im Anschluss gemeinsam mit deinem:deiner Partner:in zu besprechen. So lassen sich Konflikte nämlich am leichtesten lösen und Enttäuschungen geringhalten.